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Rauhnächte - Geschichte und Wunschritual

Die Rauhnächte feiern – ins Alte zurückblicken und ins Neue lauschen

Die Zeit zwischen Weihnacht und Neujahr wird auch Rauhnacht-Zeit genannt oder Die Zeit zwischen den Jahren. Das Alte wird abgeschlossen, das Neue liegt erst in seiner rohen, unausgeformten Form vor. Viele alte Bräuche weisen darauf hin, dass die Rauhnächte eine gute Zeit für Orakel sind. So, wie sich in der Natur die Wurzeln, Samen und Säfte wieder anfangen zu bewegen, so ist es auch in uns. Der Zauber, der sich uns zeigt in Begebenheiten, Geschichten, Träumen und Orakeln, lässt uns erahnen und weiterträumen, wohin uns das neue Jahr führen wird.

Brauchtum und Spirituelle Bedeutung

Die Rauhnächte waren bei unseren Vorfahren heilige Tage und Nächte. In dieser Zeit wurde möglichst nicht gearbeitet, sondern nur gefeiert, wahrgenommen und alte Weisheiten und Geschichten weiter erzählt. Es war und ist eine Zeit der Einkehr, des Lauschens, der Stille, der Reinigung und Vorbereitung für das, was sich uns im neuen Jahreszyklus offenbaren wird.

Die Rauhnächte sind auch für das Befragen von Orakeln geeignet. So gibt es den alten Brauch des „Losen“ (Lauschen): Wer in den Rauhnächten zu einer Wegkreuzung geht, die Atmosphäre auf sich wirken lässt und auf die Zeichen der Natur achtet, kann Ereignisse für das neue Jahr deuten. Im 19. Jahrhundert galten diese Wegkreuzungen für unverheiratete Frauen als eine Gelegenheit, um ihren künftigen Bräutigam zu sehen. Seine Gestalt erschien um Mitternacht und ging schweigend vorüber. Die junge Frau durfte ihn weder ansprechen noch ihm nachschauen, um den Zauber nicht zu zerstören (Anmerkung LuciAnna: Das können wir heute genauso für alle Geschlechter machen.)

Nach alter Überlieferung bergen die Zwölf Heiligen Nächte das ganze kommende Jahr in sich – sie symbolisieren die zwölf Monate des folgenden Jahres. Wie das Wetter in dieser Nacht ist, so ist es auch im zugeordneten Monat. Was man in diesen Nächten träumt, wird in den jeweiligen Monaten des folgenden Jahres passieren.

So können die Rauhnächte auch eine Reise ins Unterbewusste sein. Das Neue, Feine, das sich während dieser Zeit in verschiedenen Gestalten und Formen zeigt, ist ein Spiegel unserer Seele und lässt uns erahnen, in welche Richtung sie uns als nächstes führen wird. Hier findest du ein Wunschritual für die Rauhnächte

Was sich in der Natur bewegt

Rehe hüten ein "Rauhnachtgeheimnis": Im August findet ihre Brunftzeit statt. Das befruchtete Ei verbleibt bis Weihnachten im Eileiter. In den Rauhnächten beginnt das ruhende Ei sich zu entwickeln, und ein neues Wesen auszubilden. Interessant, dass in einigen Kulturen die Rehe, Elche und Hirsche die Tierführer des Weihnachtsmannes sind, der Geschenke bringt und damit Neugierde, Liebe und Freude in den Menschen weckt, sodass sie zuversichtlich ins neue Jahr gehen können.

In der Zeit der Rauhnächte hat die Ruhephase in den Pflanzen und Samen ein Ende. Tief in der Erde beginnen die Samen langsam zu erwachen, zu keimen. Die Pflanzensäfte beginnen sich zu regen und wieder zu steigen. Dies kann besonders an den Bäumen beobachtet werden. Und die Algen unter dem Eis der zugefrorenen Seen beginnen sich zu bewegen.

Herkunft der Bezeichnung „Rauhnacht“

Das Wort „Rauhnacht“ leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort "rûch" ab, was soviel wie rauh, grob, haarig, ungezähmt bedeutet. Gemeint ist damit, dass in diesen Nächten das Geschehen des neuen Zyklus noch in einer rohen unausgeformten Form vorliegt. Diesem Anfang des neuen Jahreszyklus liegt sozusagen ein Zauber inne, den jeder Mensch selber weiterzaubern kann.

Vielerorts heissen die „Rauhnächte“ auch „Rauchnächte“ und beziehen sich damit auf den uralten Brauch des Räucherns in der Zeit „zwischen den Jahren“. Mit verschiedenen Harzen und Kräutern wurde geräuchert, um böse Geister zu vertreiben und die wohlgesinnten einzuladen. Das Räuchern von Wohnungen und Häusern zum Jahresübergang ergibt auch heute noch Sinn: damit sich das Neue in einen energetisch reinen Raum hineinentfalten kann.

Wolfsnächte

Die Tage der Rauhnächte werden auch Wolfsnächte oder Wolfsmonde genannt. Wölfe kamen einst in dieser Jahreszeit auf der Suche nach Nahrung besonders nah an die menschlichen Siedlungen heran. Man konnte sie in der Nacht den Mond anheulen hören und erlebte nicht selten, dass sie Menschenm oder auch Tiere in den Stallungen angriffen.

Der Wolf steht auch mit dem Ahnenreich in Verbindung und mit der Qualität der Führung einer Gemeinschaft. Schamanen und Stammesführer gingen in dieser Zeit für gewöhnlich in die Einsamkeit, um nach Zeichen und Antworten für die Weichen und Wege des neuen Jahres Ausschau zu halten.

Wann genau sind die Rauhnächte?

Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Nächte denn nun tatsächlich die Rauhnächte sind. Mancherorts fangen sie mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember an. In den meisten Regionen beginnen die Rauhnächte in der Nacht des Heiligabend (vom 24. auf den 25. Dezember) und enden mit dem Dreikönigstag in der Nacht zum 6. Januar.

Warum sind es 12 Nächte?

Da die heidnischen Bräuche und Mythen lange Zeit nur mündlich überliefert worden sind, gibt es auch hier nicht nur eine Erklärung. Mit Sicherheit hat es jedoch mit den verschiedenen Kalendern zu tun, die geführt und immer wieder verändert worden sind. Eine Erklärung bezieht sich auf den Unterschied von Mond- und Sonnenkalender: Ein Mondjahr (12 Mondzyklen von 29,4 Tagen) besteht aus 353 Tagen. Bis zu den 365 Tagen des Sonnenjahres fehlen demnach 12 Nächte. Diese 12 Nächte werden mit unseren Rauhnächten gleichgesetzt und gelten - weil "außerhalb der Zeit" oder „zwischen den Jahren“ - als mystisch und magisch.

(Zusammenfassung LuciAnna Braendle, Winter 2014)