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Die Lücke zwischen Flow und Orgasmus


Wenn das Herz nicht im gleichen Rythmus klopft wie die Erregung

In meiner längjährigen Erfahrung als Sexualtherapeutin sowie als Seminarleiterin mit den Themen Berührung, Intimität, Beziehung und Sexualität ist mir aufgefallen, dass es eine Lücke gibt in der Sexualität vieler Menschen. Es ist die Lücke zwischen dem herznahen, achtsamen Berühren und dem inneren Drängen nach genitaler Stimulation und Orgasmus. Obwohl der Wunsch besteht, zu Verschmelzen miteinander und sich auch in hoher Erregung nah zu bleiben, passiert es doch oft, dass der Herz-Kontakt mit dem Gegenüber schwindet zugunsten der Zielorientierung. 

Den Orgasmus aufgeben zugunsten des Flow?

Der Flow, dieses Verbundensein auf vielen Ebenen, geht dabei oft verloren. Bei vielen Sexbegegnungen kann er nur erhalten bleiben, wenn sich beide entscheiden, keinen Orgasmus, bzw. kein Ziel zu haben. Ich höre und erlebe immer wieder, dass es da grosse Fragezeichen und auch Frustration gibt. "Das kann es doch nicht sein!" - "Der Orgasmus ist mir aber schon wichtig!" 
Das finde ich auch: Der Orgasmus ist ein schöner Teil der Sexualität und ein sehr gesunder dazu. Aktiv weglassen finde auch ich keine zufriedenstellende Option. Ausser es ist für beide stimmig so. 

Die Achtsamkeit ist der Schlüssel und braucht Training 

Der Schlüssel, um auch bei hoher Erregung und Orgasmus in diesem nahen, nährenden Flow zu bleiben, ist die Achtsamkeit - das Gewahrsein des Augenblicks. Du bleibst im Kontakt mit deinen Körperwahrnehmungen sowie mit deinen Bedürfnissen, Grenzen und Wünschen. Gleichzeitig nimmst du in dieser Achtsamkeit das Gegenüber und den gemeinsamen Flow wahr. Dies kann man/frau jedoch nicht einfach so, sondern es braucht ein gezielt aufgebautes Training - genauso, wie wenn du deine Muskelkraft auf eine gesunde Art und Weise aufbauen möchtest. 
Konkret heisst das, die Achtsamkeit mit einfachen Berührungen zu üben, die dann langsam zu steigern und so lernend die Achtsamkeit mitzunehmen in die Erregung und in den Orgasmus. Das Training besteht darin, die Achtsamkeit immer dabei zu haben, bzw. lernen zu bemerken, wann sie verloren geht. Um sie wieder zu finden, ist es oft nötig, einen Schritt zurück zu gehen und dort weiterzumachen, wo du noch in der Achtsamkeit bleiben kannst. Oft heisst das, langsamer werden, die Erregung ein bisschen zurücknehmen, wieder in den Kontakt zu gehen mit dir und dem Gegenüber und dabei auch die alten Muster und Vorstellungen gehenlassen. 

Das Training gibt dir mehr Entscheidungsfreiheit

Vielleicht sagst du, das ist mir zu mühsam. Ja, vielleicht. Ich sage: es lohnt sich! Denn wenn du das kannst, wenn du die Achtsamkeit mitnehmen kannst in die Schnelligkeit und die hohe Erregung / den Orgasmus oder umgekehrt: die hohe Erregung / den Orgasmus in der unendlich nahen Langsamkeit erleben kannst, dann ist das auf jeden Fall ein Gewinn. Es bedeutet ja nicht, dass du dann Sexualität nur noch achtsam leben darfst. Auch ein Quicky, bei dem es vor allem um den schnellen Orgasmus geht, ist immer noch möglich. Der Gewinn nach dem Training ist: du hast die Wahl wohin du heute gehen möchtest.

Die Wirkungen reichen weit über den Sex hinaus

Das Achtsamkeitstraining im Bereich Sexualität lässt dich sexuelle Begegnungen auch spirituell erleben. Du erweiterst dein Bewusstsein und findest zu einer neuen Wahrnehmung und Verbundenheit im Sex. Die Wirkungen davon reichen weit über dein Schlafzimmer hinaus. Denn eine erfüllte Sexualität, die Achtsamkeit im Umgang mit dir und anderen und das Bewusstsein, eine Wahl zu haben, wirkt sich als Quelle von Lebensfreude und Gesundheit auf alle deine Lebensbereiche aus. 

siehe auch:
Jahreskurs Sexualität und Achtsamkeit  
Puja mit Mehrregung